Autozulieferer vor großen Herausforderungen: Warum 2025 eine neue Insolvenzwelle droht

Die Automobilzulieferindustrie in Deutschland steht vor einer kritischen Phase. Nachdem bereits im Jahr 2024 zahlreiche Unternehmen Insolvenz anmelden mussten, könnte 2025 zum Schicksalsjahr für noch mehr Betriebe werden.

Sowohl kleine als auch große Zulieferer sehen sich mit einer Reihe von Problemen konfrontiert, die ihre Geschäftstätigkeit erheblich erschweren. Zu den wichtigsten Faktoren gehören die schleppende Nachfrage nach Elektroautos, ein schwieriges gesamtwirtschaftliches Umfeld und wachsende Konkurrenz aus dem Ausland.

Eine aktuelle Analyse der Unternehmensberatung Falkensteg weist darauf hin, dass die Zahl der Insolvenzen weiter ansteigen wird – und damit die gesamte Branche in eine ungewisse Zukunft blickt.


Verkaufszahlen der E-Mobilität bleiben hinter den Erwartungen zurück

Ein wesentlicher Grund für die prekäre Lage in der Zulieferindustrie ist der noch immer verhaltene Absatz von Elektrofahrzeugen. Obwohl viele Hersteller wie VW, Ford oder Mercedes inzwischen verstärkt auf Elektromobilität setzen, bleibt die Nachfrage hinter den Prognosen zurück.

Verbraucher halten sich angesichts wirtschaftlicher Unsicherheiten mit größeren Anschaffungen zurück, was sich unmittelbar auf die Hersteller und ihre Zulieferer auswirkt.

Da die klassischen Verbrenner-Modelle gleichzeitig immer weniger gefragt sind, müssen Zulieferer einen doppelten Spagat meistern: Sie stehen unter Druck, in neue Technologien zu investieren, um wettbewerbsfähig zu bleiben, während ihnen die verlässlichen Einnahmen aus dem Geschäft mit Komponenten für Verbrennungsmotoren wegbrechen.


Zahl der Insolvenzen stieg bereits 2024 deutlich an

Schon 2024 war für etliche mittelständische Betriebe und kleinere Unternehmen ein schwieriges Jahr. Mehrere Zulieferer, darunter Namen mit teils langer Tradition, meldeten Insolvenz an.

Laut einer Untersuchung von Falkensteg hat sich die Lage im vergangenen Jahr dramatisch zugespitzt: Die Zahl der Insolvenzen bei Großunternehmen (mit mehr als zehn Millionen Euro Umsatz) stieg von 279 auf 364 Fälle.

Allein in der Automobilbranche kam es zu 56 Insolvenzen, was einem Anstieg von 65 Prozent im Vergleich zum Vorjahr entspricht. Damit ist beinahe jede sechste Großinsolvenz hier angesiedelt.

Besonders auffällig ist, dass es inzwischen auch Unternehmen mit höheren dreistelligen Millionenumsätzen trifft – etwas, das in früheren Jahren eher selten vorkam. In der Vergangenheit sahen sich große Automobilhersteller kaum gezwungen, wichtige Zulieferer fallen zu lassen.

Stattdessen wurde häufig versucht, Produktionsengpässe und finanzielle Schwierigkeiten im Vorfeld durch Preisanpassungen oder sonstige Unterstützungsmaßnahmen abzufedern. Heute scheinen solche Schritte aufgrund eigener Kostendrucksituationen bei den Herstellern immer weniger realistisch zu sein.


Große Player könnten ins Wanken geraten

Die Krise macht auch vor bekannten Großunternehmen nicht Halt. In der Branche wurden bereits Stimmen laut, wonach selbst Zulieferer mit Milliardenumsätzen in Bedrängnis geraten könnten.

Denn während Unternehmen wie Schaeffler, Bosch, ZF oder Continental sich mit Kostensenkungen und Effizienzprogrammen zu wappnen versuchen, nehmen gleichzeitig internationale Konkurrenten aus den USA, China und Indien den Weltmarkt ins Visier. Dieser zunehmende Wettbewerbsdruck verschärft die Situation für deutsche Firmen zusätzlich.

Zudem ist die Kauflaune der Konsumenten insgesamt spürbar gedämpft, was die Autokonzerne und damit indirekt auch die Zulieferer trifft. Während beispielsweise VW, Ford oder Mercedes ihre eigenen Sparmaßnahmen vorantreiben, gestalten sich Preisverhandlungen mit Zulieferern oft zäh und wenig entgegenkommend.

Infolgedessen sind die Margen vieler deutscher Zulieferer bereits jetzt sehr knapp kalkuliert, sodass schon kleine Schwankungen im Marktgeschehen große Auswirkungen auf die Liquidität haben können.


Negative Auswirkungen auf benachbarte Branchen

Die Probleme in der Automobilzulieferindustrie sind nicht isoliert zu betrachten. Auch bei Herstellern von Metallerzeugnissen – darunter insbesondere Gießereien – ist die Insolvenzrate laut den ausgewerteten Daten deutlich gestiegen.

Weitere Schwierigkeiten betreffen die Elektrotechnik-Branche, die ebenfalls einen Anstieg an Unternehmenspleiten zu verzeichnen hat. Hier spielen jedoch auch andere kriselnde Sektoren, wie beispielsweise die Solarbranche, eine Rolle bei der Zunahme der Insolvenzen.

Aufgrund dieser breiten Betroffenheit besteht das Risiko, dass in den kommenden Monaten und Jahren ein Dominoeffekt einsetzen könnte, bei dem Schwächen in einem Bereich zwangsläufig weitere Betriebe in angrenzenden Branchen belasten.

Gerät etwa ein wichtiger Zulieferer für Gießereiprodukte in finanzielle Schieflage, leiden auch dessen Auftraggeber unter Lieferverzögerungen oder dem Ausfall von Produktionsteilen.


Prognose für 2025: Noch kein Ende in Sicht

Die Aussichten für 2025 bleiben angespannt. Falkensteg rechnet mit einem weiteren Anstieg der Insolvenzzahlen um 20 bis 25 Prozent über alle Branchen hinweg.

In der Automobilzulieferindustrie könnte das Minus sogar noch größer ausfallen: Branchenexperten halten einen Zuwachs der Insolvenzen um 40 bis 50 Prozent für realistisch.

Wesentliche Treiber für diese Entwicklung sind die anhaltende Konsumflaute, zunehmende protektionistische Tendenzen in den USA sowie generelle politische Unsicherheiten.

Auch strukturelle Faktoren tragen zum Problem bei. Viele Unternehmen haben den Übergang zur E-Mobilität in den vergangenen Jahren nur zögerlich angegangen oder sich zu stark auf konventionelle Fahrzeugkomponenten spezialisiert.

Neue Anbieter aus Asien und den USA drängen wiederum mit innovativen Produkten auf den Markt und stellen etablierte Player zunehmend in Frage. Selbst frühzeitige Umstrukturierungen könnten bei manchen Zulieferern bereits zu spät kommen, wenn deren finanzielle Reserven aufgebraucht sind und ihnen der Rückhalt durch große Hersteller fehlt.


Harter Kurs: Restrukturierungen, Personalabbau und Standortschließungen

Vor diesem Hintergrund stehen zahlreiche Zulieferer vor besonders schwierigen Entscheidungen. Kostensenkungsprogramme, Personalabbau und die Schließung einzelner Werke gelten als wahrscheinlichste Maßnahmen, um Unternehmen kurzfristig am Leben zu erhalten.

Für die langfristige Perspektive wird eine grundlegende Neuausrichtung empfohlen: Betriebe müssen Geschäftsmodelle diversifizieren, den Fokus stärker auf nachhaltige Mobilität legen und mögliche Kooperationspartner im Ausland ins Auge fassen.

Branchenkenner weisen zudem darauf hin, dass eine Insolvenz nicht zwangsläufig das Ende eines Unternehmens bedeuten muss. Vielmehr könne das Insolvenzverfahren in einigen Fällen genutzt werden, um Strukturen zu verschlanken und sich an ein dauerhaft niedrigeres Nachfrageniveau anzupassen. Allerdings ist dieses Vorhaben weder einfach noch risikolos, da im Zuge von Umbaumaßnahmen oft die Belegschaft erheblich verkleinert werden muss.

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